Wie bringen wir KI das denken bei?

28.02.2024

Noch fehlt ihr Bezug zur realen Welt

Künstliche Intelligenz (KI) ist heutzutage fast überall anzutreffen. So verdanken wir beispielsweise KI unsere zuverlässige Stromversorgung. Die KI reguliert das Stromnetz und stellt sicher, dass der Strom dort ankommt, wo er gebraucht wird. Auch bei den flexiblen Skiticketpreisen in der Schweiz spielt KI eine Rolle. Sie passt die Preise je nach Wettervorhersage, Wochentag und erwarteter Besucherzahl an. Im November 2022 öffnete OpenAI den kostenlosen Zugang zum Chatbot ChatGPT. ChatGPT kann blitzschnell Gedichte über Ihr geliebtes Haustier verfassen, zehn verschiedene Bananenbrotrezepte vorschlagen, Geburtstagswünsche für Onkel Theodor formulieren oder sogar diesen Text verbessern. Diese – auf den ersten Blick – beeindruckenden Fähigkeiten haben ein grosses mediales Interesse geweckt, und viele von uns haben das Tool bereits ausprobiert. Insbesondere Bildungseinrichtungen stehen nun vor der Herausforderung,Richtlinien zu entwickeln, wie solche Sprachmodelle sinnvoll von Lehrkräften und Lernenden genutzt werden können. Es gibt auch lustige Beispiele, die zeigen, wo KI ihre Grenzen hat: So behauptet ChatGPT unbeirrt, dass das Matterhorn zum Teil in den Bündner Bergen liegt (Stand 7.2.2024). Von der Entwicklung einer künstlichen Intelligenz, die menschliches Niveau erreicht oder gar übertrifft (bekannt als Human-Level AI oder General Artificial Intelligence), sind wir also noch weit entfernt. Eine Forschungseinrichtung, die sich dieser schwierigen Aufgabe widmet, ist das Lab42 in Davos. Forschungsdirektor Rolf Pfister nennt einige unverzichtbare Schritte auf dem Weg zur Erreichung einer KI auf menschlichem Niveau: «Generativer KI mangelt es bisher an einem Bezug zur realen Welt. Wir müssen KI eine physische Präsenz geben. Die Vision besteht darin, einen neugierigen Roboter zu entwickeln, der wie ein kleines Kind fähig ist, von selbst in einer sich ständig verändernden Welt Zusammenhänge zu erkennen und zu lernen. Menschen sind in der Lage, aus wenigen Daten und Beobachtungen sinnvolle Schlussfolgerungen zu ziehen. Dies gelingt KI bisher kaum.» Basierend auf dem Abstraction and Reasoning Corpus (ARC) von François Chollet, einem «IQ-Test» für Algorithmen, hat Lab42 den ARCathon ins Leben gerufen. Das ist ein Wettbewerb, bei dem talentierte Menschen versuchen, KI-Systemen beizubringen, ARC zu lösen. ARC besteht aus 1000 Aufgaben, die jede für sich gelöst werden muss. Pro Aufgabe werden lediglich wenige Beispiele präsentiert, um die Lösung zu finden. Während Menschen im Schnitt 80 Prozent dieser Aufgaben meistern können, haben KI-Programme damit grosse Schwierigkeiten. Sie benötigen oft Tausende von Beispielen, um ein Problem zu verstehen. Pfister ist überzeugt: «Wenn uns das gelingt, haben wir einen weiteren Schritt in Richtung Human-Level AI gemacht. Um später zu testen, ob KI menschenähnliche Intelligenz erreicht hat, könnten wir ihr Alltagsaufgaben wie Kaffee zubereiten geben. Wann genau Human-Level AI erreicht wird, ist schwer vorherzusagen, aber ich denke, es könnte in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren möglich sein.» 

LAB42, Davos
Obere Strasse 22B
7270 Davos

LAB42, Davos

Physikalisch-Meteorologisches Observatorium Davos PMOD/WRC